Kraniche

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Geschichte

Ausschnitte eines Artikels des Hamburger Abendblattes

Wo die Kraniche zu Tausenden kommen

Rudolf Brühning

Vom kleinen Hafen Wustrow im mecklenburgischen Fischland startet das Ausflugsschiff „Boddenkieker" zur Rundfahrt auf dem Saaler Bodden.  Von Ferne grüßt der Turm des ehemaligen Klosters von Ribnitz-Damgarten, wo das größte Bernsteinmuseum der deutschen Ostseeküste untergebracht ist.  "Wir haben keine Rettungsringe an Bord" kalauert der Kapitän. Wir haben nur Gummistiefel, damit Sie anschieben können, - wenn wir im Schlick stecken bleiben."

Der Bodden ist flach und reich an Fischen: Zander, Hechte, Aale, Schleie und neuerdings auch Karpfen.  Die großen alten Fischerkähne, die Zeesenboote mit hohen rostbraunen Siegeln, sind nahezu verschwunden.  Die wenigen noch erhaltenen Zeesenkähne legen mit Ausflüglern ab; die wenigen noch aktiven Fischer benutzen kleine, flinke Boote mit Außenbordmotoren.

Die typische Boddenlandschaft beginnt eigentlich erst bei Neuendorf, wo sich am Ufer einige Windräder drehen.  Zwischen den Schilfinseln, die heute noch das Reet für die Dächer dieses Landstrichs liefern, dümpeln Hunderte von Höckerschwänen.  "Wenn Sie Glück haben, können Sie in dieser Einsamkeit sogar einen Seeadler auf Entenjagd beobachten", bemerkt der Kapitän.  Die vorpommersche, Boddenlandschaft ist ein wahres Vogelparadies.  Auf der Halbinsel Zingst sammeln sich im Oktober bis zu 40 000 Kraniche vor ihrem Weiterflug in den Süden.

Wustrow ist seit altershehr Schiffersiedlung.  Bis zu 240 Großsegler waren hier in der Glanzzeit des Ortes beheimatet, und sie hätten, so wird erzählt, den hanseatischen Kaufleuten aus Lübeck und Wismar harte Konkurrenz gemacht.  So gründete denn ein mecklenburgischer Großherzog in diesem traditionsbewussten Ort Mitte vergangenen Jahrhunderts eine Navigationsschule, die auch in DDR-Zeiten als Seefahrtsschule weiterbestand.  Nach der Wende wurde sie geschlossen, plattgemacht", wie manche Einheimische verbittert sagen. So lebt das beschauliche Dorf fast ausschließlich vom Fremdenverkehr.  In nahezu allen reetgedeckten Häusern werden Feriengaste freundlich aufgenommen, die sich hier schnell wohl fühlen.  In den Vitrinen alter Kapitänshäuser erinnert manches Souvenir an Zeiten, als Seebären von hier auf große Fahrt gingen.  In Wustrow gibt es Natur pur.  Nichts ist zubetoniert.  Einige Dorfstraßen wie die „Neue Straße“ und der „Grüne Weg" sind nicht einmal gepflastert; sie blieben Sandwege. In dem kleinen Hafen verkaufen wortkarge Fischer Räucheraal und Makrelen.

 Beliebt sind die an der Straße nach Dierhagen direkt am Strand gelegenen Ferienhäuser.  Die wenigen Hotels und Pensionen melden während der Saison immer         „ausgebucht“. Auch das ehemalige Gästehaus der DDR-Regierung in Dierhagen. Surfen zählt zu den populärsten Hobbys; der Bodden ist dafür wegen seiner geringen Tiefe ein beliebtes Revier.  Könner wagen sogar die Überquerung der Ostsee nach Dänemark.  Im Spätsommer letzten Jahres machte sich ein Pulk von 15 Surfern auf zum dänischen Fährhafen Gedser.  Alle bewältigten die 35 bis 40 Kilometer lange  Strecke, der schnellste in zweieinhalb Stunden - bei Windstärke 7.

Im benachbarten Ahrenshoop, Künstlerkolonie seit den zwanziger Jahren, scheint sich auf den ersten flüchtigen Blick seit der Wende nicht viel geändert zu haben. Fast alle Grundstücke am Hohen Ufer dieses mecklenburgischen Worpswede waren schon zu DDR-Zeiten bebaut. In Richtung Bodden aber sind in dem Prominentenbad eine Reihe neuer kleiner Pensionen, Appartementhäuser und Ferienhäuser entstanden, alle reetgedeckt.

 Die Zahl der Keramikwerkstätten im Ort, sagt Reisebüro-Inhaber Schulz, habe sich auf ein halbes Duzend erhöht. Auch einige neue Galerien seien entstanden, desgleichen kleine Cafés. Nur das alte Kurhaus mit dem Weitblick auf die See, einst die beste Adresse im Fischland, steht verweist – ungeklärte Eigentumsverhältnisse.

© 2000 Bschorer